Diesmal unternimmt Thomas Speck eine nostalgische Reise in die Vergangenheit und vergleicht die Kindheit und Jugend von früher mit der heutigen Zeit. Mit einem Augenzwinkern und einer gehörigen Portion Sarkasmus beleuchtet er die Unterschiede und zeigt auf, wie sich das Leben verändert hat.

Kürzlich fand ich mich in einer Diskussion über “wie es früher war” mit dem Nachwuchs, die mich auch herausgefordert hat und gar nicht so unähnlich der seltsamen Auseinandersetzung der GenX vs GenZ Blase, die gerade auf tiktok im Trend ist. Die jungen Menschen zogen teilweise sogar harte Bandagen auf. Diese Episode ist in Reaktion darauf entstanden.

Wenn man heute den Satz „Früher war alles besser“ hört, dann rollt doch fast jeder innerlich die Augen und fragt sich, wie viel Senilität und Nostalgie in einen einzigen Menschen passen. Aber lassen wir die ganzen Buzzwords mal beiseite und schauen uns die Sache aus einer anderen Perspektive an. Ein Sprung zurück in die Zeit, als man für seine MP3-Playlist noch nicht 0,99 Cent pro Track zahlte, sondern, mit einer schon mehrfach überspielten Kassette im Radiorecorder und einem Kuli bewaffnet, stundenlang gewartet hat, ob der DJ im Radio nicht doch deinen aktuellen Lieblingssong spielt. Wir haben uns wochenlang an unseren Lieblingssongs-Mixtapes abgemüht.

Ja, es war auch die Zeit, in der man unbeaufsichtigt draußen spielte, bis die Straßenlaternen angingen – ein klares Signal dafür, dass es Zeit war, nach Hause zu gehen. Wir suchten das Abenteuer im Wald hinterm Haus und nicht auf einem hochauflösenden Bildschirm. Und wenn man Süßigkeiten wollte, dann musste man tatsächlich aufstehen und zum Kiosk laufen, um sich ein Päckchen Brause-Ufos oder eine Packung Kaugummi-zigaretten zu holen. Die kleine Tüte Chips für 20 Groschen? Unbezahlbarer Genuss.

Es war die Ära der Schallplatten, die so zerbrechlich waren wie die Egos der heutigen Schneeflockengeneration. Oder der Kassetten, die einem beim Überspielen ständig den Ton versauten, aber trotzdem wie Gold in unserer Sammlung glänzten. Und später die CDs, die man wie heilige Artefakte behandelte – bis der erste Kratzer die kostbaren Daten in einen verzerrten Albtraum verwandelte.

Damals war das Leben irgendwie zum Anfassen, Schmecken und Erleben. Echtes, direktes Leben, bei dem man noch den Staub der Straße schmeckte und nicht nur die steril gefilterte Luft des Klimageräts. Ja, früher war alles anders – und vielleicht auch ein bisschen ehrlicher. Aber genug der Vorrede, lasst uns eintauchen in die glorreiche Welt von damals und ein wenig über die Unterschiede zu heute reden.

Erinnert man sich noch an die Tage, als wir als Kinder die Welt erlebten? Nicht durch die Linse eines Smartphones, sondern durch eigene Augen. Ja, damals, als der Schulweg noch zu Fuß zurückgelegt wurde. Kein Mama-Taxi, kein SUV-Massentransport, sondern echte, schweißtreibende Fortbewegung auf zwei Beinen. Neun tägliche Kilometer. Wir stapften durch Schnee und Regen, bergauf und bergab, ohne GPS und Wetter-App, nur mit einer Ranzig-billigen Regenjacke, Gummistiefel und einem Käsebrot.

Schule war nicht nur ein Gebäude, sondern ein Abenteuerpark voller Schrammen und blutiger Knie. Nachmittags rannten wir wie die Wilden raus, kletterten auf Bäume und jagten in Nachbars Garten nach verbotenen Obst. Ein paar Kartoffeln zu klauen, die wir dann an einem Lagerfeuer neben dem Fluß gebraten haben, das war ein Hochrisiko-Job, der so manchem Elternteil den Schlaf raubte.
Mach das mal heute! Abgesehen davon, dass man die Erdäpfel oder das Gemüse ohnehin nicht essen kann, ohne vorher Chemie zu studieren, muss man heute gleich mit einer Diebstahlsanzeige rechen. Aber ehrlich: Heute braucht man fast schon einen gerichtlichen Beschluss, um die Kinder überhaupt vom Sofa zu bekommen.
Man schleppt sie widerwillig zur Sport-AG, wo sie auf perfekt gestutzten Rasen oder in blitzsauberen Hallen unter Aufsicht trainieren, während Mama sie wie ein VIP-Promi versorgt. Oder fährt sie 3 Kilometer, damit sie einmal in der Woche im Kampfsport ein wenig Bewegung bekommen.
Wir haben direkt im Dickicht an der Mur gespielt, immerhin ein ordentlicher Fluß, völlig ungesichert und haben dort ein Lagerfeuer gemacht. Ein Lagerfeuer! Welches Kind kann heute ohne Aufsicht ein Feuer machen? Geschweige denn, darin selbst aus dem Feld geklaute Kartoffeln braten?

Damals tranken wir aus dem Gartenschlauch oder schlürften sogar Wasser aus Bächen im Wald – ja, echt wild!
Heute muss es Mineralwasser mit Geschmack sein, am besten noch in einer hippen Glasflasche, weil Plastik ja schlecht für die Umwelt ist. Bei uns damals waren alle Flaschen aus Glas! Der Zucker, der da in der modernen Klatsche drin ist, ist zwar auch ungesund, aber was solls, das Wasser aus dem Hahn ist dem Kiddie ja zu öde.
Man stelle sich vor, wir hätten damals unsere Eltern gefragt, ob sie uns mal eben eine Flasche Fiji-Wasser bringen könnten. Die hätten uns ausgelacht, bis der Arzt kommt.

Und das Spielen? Wir sind einfach zum Nachbarhaus gelaufen und haben geklingelt. Keine Verabredung über WhatsApp, keine elterliche Logistik, die dem D-Day gleichkommt. Einfach klingeln und rein ins Getümmel. Heute? Da muss Mama erst mal den Terminkalender checken und einen geeigneten Slot finden, um den Spielenachmittag zu koordinieren. Das Ganze wird dann wie eine verdammte Friedenskonferenz verhandelt. Und falls es dann mal stattfindet, weil das Kindlein nicht in allerlei gut organisierten und bezahlten Nachmittagsbeschäftigungstherapieen verplant ist, serviert Mama geschälte Orangenspalten – weil das Kind eine Orange zu pellen eklig findet – oder Bio-Gurke, damit die armen Kleinen nicht an ungesunden Lebensmitteln krepieren.
Natürlich wird dazu auch gleich ein Serviettchen gereicht und ein kleines Gäbelchen, wer isst denn heute mit Fingern? Dafür müsste man ja extra Fingerfood kaufen, Sushi oder Hähnchenschenkel gegrillt, am besten vom Thailaden bestellt und von Lieferando gebracht. Rundumversorgte Playdates sind das – nur von Abenteuer keine Spur.
Statt stundenlang auf TikTok zu scrollen, haben wir uns Fahrräder geschnappt und sind einfach losgefahren, ohne Plan. Abenteuer suchten wir draußen, nicht in virtuellen Welten. Heute ist es fast ein Kunststück, Kinder dazu zu bringen, mal das Haus zu verlassen und die echte Welt zu erkunden.

Also ja, früher war alles anders. Nicht unbedingt immer besser, aber deutlich echter, direkter und verflucht nochmal einfacher. Vielleicht sollten wir manchmal einfach wieder ein bisschen mehr vom Gartenschlauch trinken und die Bio-Gurke links liegen lassen und eine echte Birne direkt vom Baum essen. Nur so als Reality-Check – das Kindlein heute dürfte das aufgrund des Zuckermangels und des fehlenden Bio Etikettes wahrscheinlich verweigern. “Ich darf das nicht essen, wenns vorher nicht gewaschen wurde …”.

Damals waren auch die glorreichen Zeiten der Musik. Die Ära, in der wir den Grundstein für alles gelegt haben, was heute als Musik durchgeht. Nein, wir sprechen nicht von diesem Gleichklang-Boom-Bass-Müll, der einem heute aus Bluetooth Boxen tönend die Ohren bluten lässt. Wir reden von Hardrock, Britrock, Heavy Metal, von Kajagoogoo, Simple Red, Kiss und Iron Maiden, Pearle Jam. Wir reden von unvergesslichen Rave Nights, die uns oft genug verbeult und mit blauem Auge nach Hause schickten.
Heute undenkbar. Damals hieß es: Leben am Limit, und nicht auf die Kalorienzahl des Energy Drinks achten.

Wir waren die ersten DJs, die ersten Hitmixer mit unseren Kassetten – diese kleinen Plastikdinger, die wir in stundenlanger Arbeit zu ikonischen Mixtapes verwandelten. Jede Kassette ein Meisterwerk. Selbst die Radiomoderatoren haben nicht in die Musik gequatscht, damit wir das aufnehmen konnten.
Absolut unmöglich, das heute zu machen. Erstens ist die Radiokultur längst keine mehr, zweitens sind die Moderatoren nur noch Werbepeitscher und drittens würde das einen harten Copyright-Strike auslösen, Vorstrafe inklusive.
Der Bleistift? Na, wer weiß, wozu wir den brauchten?
Der Stift war das unverzichtbare Werkzeug, um das Band wieder aufzurollen, nachdem es der Walkman mal wieder gefressen hatte. Schallplatten hatten wir, vor allem Singles, mit Taschengeld wochenlang erspart und selbstgekauft, sie waren unser ganzer Stolz.
Jede Rille ein kleines Stück Musikgeschichte, das wir mit Hingabe pflegten und – was haben wir damit angegeben. Wer einen Direct Drive Plattenspieler hatte, war ohnehin der König der Nachbarschaft.

Und heute? Ihr versucht uns zu erklären, wie Musik wirklich geht? Mit dem heutigen Schlagerkrampf, Deutschem dumpfen Gangsta Rap oder den lahmen 3 Dur Klamotten des Pop, wo man den Text des einen Liedes beliebig auf die Retorten Musik des anderen setzen kann?
Mit Streaming-Diensten, die jedes Lied auf Knopfdruck liefern, aber den wahren Wert von Musik nicht begreifen?
Eure Ohren sind taub für das Echte, weil ihr nur den Gleichklang kennt, der bei Spotify und Co geliefert wird.
Und weil ihr nie den Kampf mit einem widerspenstigen Kassettenband erlebt habt, nie wochenlang gespart habt, für 2 Lieder auf einer 45er Scheibe, ist Musik für euch austauschbar und Konserve, wertlos, wegswipebar.
Von wegen Musik begleitet euch, ihr hört keine Musik, ihr hört elektronischen KI Schrott und feiert es auch noch. Ihr wisst nicht, wie es sich anfühlt, eine Schallplatte zu pflegen, bis sie glänzt, Ihr kennt nicht die Freude, wenn eine CD zum ersten Mal aus der Hülle in den Player gleitet.

Discos und Rave Nights waren keine seelenlosen Veranstaltungen, wo man sich herausgeputzt zeigt. Das waren wilde Feiern, bei denen das Adrenalin direkt in die Adern pumpte. Das hat gefetzt! Wir tanzten nächtelang, schwitzten, lachten und manchmal gab es auch blaue Augen und zerrissene Hemden – das gehörte einfach dazu.
Heute gibt es VIP-Lounges, safe Spaces, Security und Selfie-Sticks. Es ist laut, aber die echte Energie, die Leidenschaft, die fehlt. Es ist irgendwie alles gleich und gleich seelenlos.
Ihr bildet euch was ein, wenn ihr mal ne Nacht durchgemacht habt – aber Leute: Wir waren es, die den Wochenend-Rave erst erfunden haben!

Werft mal eure Streaming-Listen über Bord und fragt mal eure Großeltern nach ihren alten Kassetten. Holt die Plattenspieler aus dem Keller und hört, was echte Musik ist. Vielleicht, nur vielleicht, bekommt ihr dann eine Ahnung davon, was ihr verpasst. Denn das war lebendig, emotional, das war Musik. Echtes, unverfälschtes, aufrüttelndes Erlebnis – nicht nur ein digitaler Soundtrack zum seelenlosen Alltag.

Wie haben wir miteinander kommuniziert? Damals haben wir noch Briefe geschrieben, Handgeschriebene Briefe, auf Papier! Da hat jedes Wort gezählt. Das war Mühe und so hat man eben auch sehr gut überlegt, was man schreibt.
Heute geht’s nur noch per WhatsApp oder Email, und das auch nur mit Emojis und Abkürzungen, die man nur mit einem Rosetta-Stein entziffern kann. Aber nichts konnte das Gefühl übertreffen, einen Brief zu öffnen und die Worte eines geliebten Menschen direkt vor sich zu sehen.
Ja und geredet haben wir, stundenlange Gespräche und Diskussionen geführt. Etwas, das heutzutage Opfer der nur allzu kurzen Aufmerksamkeitsspanne ist. Sags in 280 Zeichen, damit ihrs verarbeiten könnt!

Auch die Ferien waren anders. Wir haben nicht in teuren Resorts am Pool gelegen und Smoothies geschlürft. Nein, wir haben uns zu sechst ins Auto gesetzt, wenn wir überhaupt eines hatten, und sind quer durch die Republik gegurkt. Die Rückbank vollgestopft mit Kindern und Gepäck, die Reiseziele improvisiert und der Proviant bestand aus Brot, Käse und Wasser.

Und dann gab es die Sache mit dem Fernsehen. Man hatte zwei Kanäle, und wenn der Film anfing, dann saß man rechtzeitig davor – Werbung gabs nur davor und danach und das war dann Toilettenpause, sonst hätte man ja was versäumt. Nun gehts ja mit inflationären mal eben auf ‚Pause‘ drücken.
Heute streamen die Leute ihre Serien und Filme und können nicht mal mehr den Abspann abwarten, ohne auf ihr Handy zu starren. Wir fanden immer was zu schauen, wenn wir einen Fernseher hatten, das war keineswegs üblich. Ich habe meinen ersten Fernseher mit 7 Jahren gesehen und der war in Schwarz-Weiß. Heute hat man 12unddrölfzig Sender, einen 5 Meter Oled Bildschirm und wöchentliche Programmhefte, so dick wie einst Telefonbücher, und findet doch nichts, außer der sich wiederholenden Volksverblödung. Big Bang Theory trifft Simpsons und Pokemon, How I met your Mother ist schon ein literarischer Höhenflug.

Einkaufen: Es gab keine 24/7-Supermärkte, keine Online-Bestellungen mit Same-Day-Delivery. Wenn der Laden zu war, war er zu. Man hat sich am Freitag in den kleinen Tante Emma Laden gestürzt und gehofft, dass man alles kriegt, was man für die Woche braucht. Fehlte was? Pech gehabt! Improvisieren muss man erstmal können. Und ja: Freitag, damals hatten die Läden auch am Samstag schon geschlossen.

Und die Fotos! Wir hatten keine 2064-Megapixel-Kameras in unseren Taschen. Wir hatten diese dicken, analogen, klobigen Kameras mit Filmrollen. Da musste man sich schon überlegen, was man fotografierte, es musste was Besonderes sein. Und dann machte man sein Bild und musste drauf warten, bis die ganze Rolle mit 12 Bildern voll war, um sie entwickeln zu lassen. Das war Geduld in Reinkultur! Und 2 Wochen später gab es diese magischen Momente, wenn man die 13 mal 9 Zentimeter Bilder durchblätterte und die Erinnerungen plötzlich wieder lebendig wurden. Ihr habt tausend Fotos auf dem Handy und seht 990 davon nie wieder an. Eine wahre Inflation digitaler Bilderbücher. Nach 2 Jahren gibts ein neues Smartphone und all die Erinnerungen sind aus euren Gehirnen gelöscht.

Vielleicht solltet ihr euch gelegentlich daran erinnern, dass echte Erlebnisse mehr zählen als digitale und dass ein bisschen Nostalgie uns daran erinnert, was wirklich wichtig ist. Aber, dass würde ein gewisses Wahrnehmungsvermögen voraussetzen, das ihr hinter swipe und wisch verkümmern lasst.

Wenn ich heute in die Welt sehe, sehe ich kaum Kinder mehr, fast nur noch kleine Menschen, deren Nannys aus Plastik und Glas sind und die keine eigenen Erfahrungen machen wollen. Heute sind blaue Flecken bereits ein Fall für den Notarzt. Es ist ein bisschen traurig.

Und damit entlasse ich euch für diese Woche. Möge euer WLAN stabil bleiben und eure Erinnerungen unvergesslich sein! Swipe!