Es war einmal eine Zeit, in der wir uns die Abgründe menschlicher Dummheit nur durch reality TV und Klatschmagazine vor Augen führen konnten. Doch dann, wie ein glitzernder Phönix aus den Untiefen der digitalen Hölle, erhob sich die Spezies des „Influencers“. Und so begannen wir, unser tägliches Brot der Peinlichkeiten in mundgerechten, mit Filtern versehenen Happen direkt auf unseren Handys zu konsumieren.
Stellen wir uns die Szenerie vor: Da sitzt er, unser Influencer, ein Avatar der Selbstverliebtheit, auf seinem pastellfarbenen Thron aus IKEA-Katalogen. Mit dem Enthusiasmus eines Golden Retrievers präsentiert er die neuesten Errungenschaften der Konsumgesellschaft. „Hey Leute, ich habe diesen wirklich coolen Avocado-Slicer entdeckt!“ – als ob die Menschheit jemals ein existenzielles Problem mit dem Zerkleinern von Avocados hatte.
Diese virtuellen Schaumschläger, ausgestattet mit einem Arsenal an Rabattcodes und gesponserten Beiträgen, haben die Fähigkeit, jede noch so triviale Banalität in ein Ereignis von globaler Bedeutung zu verwandeln. Ein neues Hautpflegeprodukt? Revolutionär. Ein Fitnessprogramm? Lebensverändernd. Ein Detox-Tee? Pure Magie. Dabei sind die einzigen, die wirklich abnehmen, die Geldbeutel ihrer Anhänger.
Doch es wäre unfair, ihnen mangelnde Kreativität vorzuwerfen. Ihre akrobatischen Leistungen im Bereich der Selbstvermarktung sind atemberaubend. Die Fähigkeit, durch scheinbar belanglose Inhalte Millionen von Menschen zu fesseln, ist nichts Geringeres als ein modernes Märchen. Leider eines ohne Happy End.
Denn hinter der perfekt inszenierten Fassade lauert die bittere Realität: Influencer sind die Marionetten eines gnadenlosen Marktes, der Authentizität auf den Altar des Profits opfert. Die Illusion von Nähe und Echtheit ist so real wie ein Tinder-Profilbild.
Und so scrollen wir weiter, unfähig, uns dem Sog der ständigen Selbstbeweihräucherung zu entziehen, während wir sehnsüchtig auf das nächste Giveaway hoffen, das uns wenigstens für einen kurzen Moment das Gefühl gibt, Teil dieser künstlichen Paradieswelt zu sein.
Man könnte meinen, wir wären klüger geworden, doch die Influencer haben uns eines Besseren belehrt: Die menschliche Dummheit ist unendlich und für den richtigen Preis auch in Hochglanz und 4K erhältlich.
Und während ich diese Zeilen schreibe, poste ich noch schnell ein Selfie mit meinem neuen Buch: „Wie man Influencer wird, ohne seine Seele zu verkaufen“.
Rabattcode in der Bio.
Hinterlasse einen Kommentar