Thomas Speck taucht in dieser Episode von „Der Schalltrichter“ tief in eine überarbeitete Version der berühmten Parabel von Paolo Coelho ein. Unseren gestressten Geschäftsmann verschlägt es in ein idyllisches Küstendorf, wo er auf einen zufriedenen Fischer trifft. Schnell entspinnt sich ein Dialog, der unsere Hörerschaft mit einer erfrischend ironischen Weisheit konfrontiert: Wozu all die Mühe, wenn das wahre Glück bereits greifbar ist?

Frei nach Paolo Coelho.
Die Parabel, die Coelho hier beschreibt, ist tatsächlich eine deutlich ältere Geschichte, die in den meisten Versionen am Mittelmeer spielt. Ich habe mir erlaubt, Coelhos Version zu überarbeiten und sprachlich an meine Vorlieben anzupassen.

Es war einmal ein Geschäftsmann, der nach Jahren harter Arbeit und Erfolg in der Geschäftswelt beschloss, sich eine wohlverdiente Auszeit zu gönnen. So fand er sich in einem kleinen, malerischen Dorf an der Küste wieder, wo die Zeit langsamer zu vergehen schien und die Sorgen des modernen Lebens wie vom Winde verweht waren.

Eines friedlichen Morgens, als die Sonne golden über dem Horizont aufging und das Meer in warmes Licht tauchte, saß er am Strand und genoss die friedliche Stille. In der Ferne sah er ein kleines Fischerboot, das sanft auf den Wellen schaukelte, und beobachtete, wie ein Fischer gemächlich ans Ufer ruderte. Das Boot war klein, aber die Fische, die der Mann gefangen hatte, waren groß und prächtig.

Der Geschäftsmann, beeindruckt von der Ausbeute des Fischers, trat näher und fragte neugierig: „Wie lange brauchst du, um so viele Fische zu fangen?“

Der Fischer, ein Mann von bescheidener Erscheinung, lächelte freundlich und antwortete:
„Oh, nur eine kurze Zeit.“

„Warum bleibst du dann nicht länger auf See und fängst noch mehr?“ fragte der Geschäftsmann erstaunt, seine Gedanken bereits bei den Möglichkeiten der Effizienzsteigerung und des Profits.

Der Fischer lehnte sich entspannt zurück und sagte:
„Das ist genug, um meine ganze Familie zu ernähren.“

Der Geschäftsmann, der gewohnt war, in größeren Dimensionen zu denken, hakte nach:
„Und was machst du den Rest des Tages?“

Mit einem zufriedenen Lächeln erzählte der Fischer von seinem Alltag:
„Nun, normalerweise stehe ich sehr früh am Morgen auf, fahre aufs Meer hinaus und fange ein paar Fische. Dann kehre ich zurück, spiele mit meinen Kindern und genieße ihre Gesellschaft. Am Nachmittag mache ich mit meiner Frau ein Nickerchen, und am Abend treffe ich mich mit meinen Freunden im Dorf auf einen Drink. Wir spielen Gitarre, singen und tanzen manchmal die ganze Nacht. So verbringe ich meine Tage.“

Der Geschäftsmann, fasziniert und gleichzeitig voller Tatendrang, unterbreitete dem Fischer einen Vorschlag:
„Ich habe einen Doktortitel in Unternehmensführung und könnte die helfen, ein erfolgreicher Mensch zu werden. Von nun an solltest du mehr Zeit auf dem Meer verbringen und versuchen, so viele Fische wie möglich zu fangen.
Wenn du genug Geld gespart hast, kannst du ein größeres Boot kaufen und noch mehr Fische fangen. Bald wirst du es dir leisten können, eine ganze Flotte von Booten zu kaufen, dein eigenes Unternehmen zu gründen, eine Produktionsanlage für Konserven aufzubauen und ein Vertriebsnetz zu etablieren. Bis dahin wirst du aus diesem bescheidenem Dorf in die Hauptstadt gezogen sein, wo du ein Hauptquartier einrichten kannst, um deine anderen Filialen zu verwalten.“

Der Fischer, der die Vision des Geschäftsmanns aufmerksam angehört hatte, fragte nachdenklich: „Und danach?“

Der Geschäftsmann, der die Zukunft des Fischers in leuchtenden Farben malte, lachte herzlich: „Danach kannst du wie ein König in deinem eigenen Haus leben, und wenn die Zeit reif ist, kannst du deine Aktien an die Börse bringen und richtig reich werden.“

Der Fischer fragte erneut: „Und danach?“

Der Geschäftsmann, nun begeistert von seiner eigenen Vision, antwortete: „Danach kannst du dich endlich zur Ruhe setzen, dir hier in deiner Heimat ein Haus bauen, morgens früh aufstehen, ein paar Fische fangen, dann nach Hause gehen, mit den Kindern spielen, ein schönes Nachmittagsschläfchen mit deiner Frau halten, und wenn es Abend wird, kannst du mit deinen Freunden etwas trinken, Gitarre spielen, singen und die ganze Nacht tanzen!“

Der Fischer, der während der Erzählung des Geschäftsmanns still genickt hatte, blickte ihn schließlich mit einem wissenden Lächeln an und sagte:
„Ist das nicht genau das, was ich bereits jetzt tue?“

In diesem Moment erkannte der Geschäftsmann die tiefe Weisheit und Zufriedenheit im Leben des Fischers. Er sah, dass der Fischer bereits das Glück und die Erfüllung gefunden hatte, die er selbst in all den Jahren des Strebens nach Erfolg und Wohlstand gesucht hatte. Mit einem neuen Verständnis und Respekt für die Einfachheit und Freude des Lebens verabschiedete er sich von dem Fischer und ließ die Lektion tief in sein Herz sinken.

Und so kehrte der Geschäftsmann in sein altes Leben zurück, aber diesmal mit einer neuen Perspektive. Er suchte nicht länger nach endlosem Wachstum und Reichtum, sondern nach einem Leben, das reich an echten Momenten und Beziehungen war, und fand schließlich seinen eigenen Frieden und Zufriedenheit – ganz so wie der Fischer.