Autor:
Thomas Speck
Veröffentlicht am:
24. Dezember 2024

Frohe Weihnachten – Danke für ein wunderbares Jahr

Weihnachten2024 Cover

In einer Zeit, in der sich alles um Konsum und erzwungene Besinnlichkeit dreht, stellt er die Frage: Was bedeutet Weihnachten wirklich? Während draußen die Menschen in Kaufrausch und hektischen Vorbereitungen versinken, sitzt Thomas in seiner stillen Reflexion.

Dies hier ist nun schon die zweite Folge, die anders ist als meine üblichen, es ist ja auch Weihnachten – meine Güte! Und die, die den früheren Schalltrichter noch kennen, kennen auch diese Folge – sie stammt aus dem Jahre 2021 – aber ist so zeitlos und gültig, das ich sie heute erneut veröffentliche – selbstverständlich neu eingesprochen.

Ich bin nicht gläubig und zähle mich zu den Agnostikern. Aber trotzdem bringt auch mich die Adventzeit Jahr für Jahr dazu, in eine – sagen wir – andere Stimmung zu kommen.
Nein nicht besinnlich im Sinne einer Religion, eher besonnen und reflektierend auf mein Leben bezogen und auf die Leben, die mit mir in Beziehung stehen, die ich ebenso berühre, wie sie mich.
Mag sein, das sich der eine oder andere Seitenhieb hier einschummelt oder mein sarkastischer Zynismus sich beizeiten Platz verschafft, aber das geschieht, weil ich es bin, der diesen Text verfasst. Eine Kampf und Kotzschrift gegen Weihnachten ist hier nicht beabsichtigt – obwohl es da genug zu sagen gäbe.

Und während der Konsumwahn an mir vorbeirauscht und ich es seit Wochen vermeide, mehr Zeit in einem Laden zu verbringen, als maximal nötig ist, weil es mir sonst die Zehennägel aufrollen würde ob all dem grausamen Weihnachtslieder Gedudel, mit dem man da zwangsbeglückt wird.
Wo man, ob man will oder nicht, hinnehmen muss, das der Handel eben festgelegt hat, das nun die Zeit gekommen ist, den Käufer von seinem kleinen Leben abzulenken und dazu zu bringen, in besonderer Stimmung, noch mehr Mist in seine Einkaufstaschen zu schieben, als ohnehin schon. Während also der Kelch Christi Geburt an mir vorüberzieht, … sitze ich hier, in meiner wunderbaren Stille und bin tatsächlich besinnlicher, als die allermeisten da draußen, die diese Zeit als so besonders betrachten. Deren Gesamte Aufmerksamkeit darauf gerichtet ist, das Fest, DAS FEST, zu etwas wirklich besonderem zu machen. Diesen einen Abend, dieses eine mal MUSS es besonders sein.

Während also dieses durch und durch choreografierte Meisterwerk an Feiertag sich nähert, denke ich darüber nach, wer mir was bedeutet, und was ich diesem oder jenem in meinem Leben zu verdanken habe. Ich denke über ein bewegtes Jahr nach und darüber, ob ich nun glücklich bin, mit dem erreichten.
Würde ich hier eine Dankschrift verfassen, sie würde gerade heuer besonders lange ausfallen.
Weshalb ich das gar nicht wirklich versuche. Es war wirklich ein gutes Jahr.

Meine Gedanken ruhen in dieser Zeit immer bei einem besonderen Mädchen, das nicht mehr hier sein kann und das ich sehr vermisse in meinem Leben. Das mich gelehrt hat, wie fragil und grazil, wie einfach und wunderbar und wie wichtig das Leben als solches ist.
Meine Gedanken ruhen bei jenen, die ich liebe, die mich mit all meiner oftmals grauen Gedankenwelt meines geliebten Zynismus, mit der ich sie oft genug belästige, ertragen – nicht weil ich irgendwie besonders bin, oder mich darum bemühe – ja mich nicht einmal bemühen muss, anders als ich zu sein – einfach nur, weil sie entscheiden haben, das sie mich wieder lieben möchten.

Meine Gedanken ruhen bei jenen, die mir anvertraut sind – egal aus welchem Grund das so ist, denn das ist das Wesentliche meiner Advent Besonnenheit, das Vertrauen, die Bereitschaft das eigene Empfinden von Freude und Liebe in meine Hände zu legen.
Dann bin ich nicht stolz – na gut, ein klein wenig vielleicht – aber vielmehr bin ich dankbar und behutsam dabei – auch in meinen ansonsten doch gerne recht scharfen Gedankenzügen.

Ist es nicht faszinierend, so denke ich gerade, das ich, der ich fähig bin, mit Skalpellscharfen Gedankenschnitten Dinge aus dem Alltag zu schneiden und auf dem Opferstock meines Sarkasmus zu zerlegen, gleichzeitig fähig bin, diese zarten wunderbaren Gefühlsbündel mit meinen Händen zu behüten, zu schützen?
Es scheint mir als würde alle Kraft meiner Gedanken beim Anblick dieser feinen leuchtenden Fäden in meinen Fingern schmelzen und sich darauf richten, nichts zu verändern, nichts zu müssen – einfach nur im Sein zu sein. Diese Fäden sind mir geschenkt worden, sind Gefühle die andere mit Vertrauen und wie selbstverständlich in mein Herz gelegt haben.

Da liegen sie, die feinen Weben des Glücks von Anderen, in meinen Händen und gleiten um meine Finger, ihre so intime wohlige Wärme in goldenem Licht verbreitend.
Ich halte sie nicht fest, das muss ich nicht – ich darf sie halten, weil ihr es euch so wünscht – und das ist, was einzig etwas Bedeutet daran.
Hier ist kein Platz für die Furcht, etwas zu verlieren – denn euer Geschenk ist, das dies bei mir sein soll. Wie könnte einem so etwas abhanden kommen?
Die Größe dieses Gedanken beschäftigt mich gerade sehr.

Noch ein Gedanke nistet sich gerade ein, schleicht sich ganz leise von der Seite her an. Geschenke.
Obwohl ich das Konsumgehopse gerade zu dieser Zeit extrem verabscheue, weil es die Bedeutung von Weihnachten zerfrisst und verschüttet im Schlangestehen und Einkaufslisten Gedöns, ist es mir dennoch wichtig, das Andere bemerken, das ich ihrer gedenke, dass ich sie liebe.
In der heutigen Zeit ist es ja bereits Normalität, das Familien Einkaufsgruppen für ihre Kinder via Whatsapp erstellen und da drin Wünsche deponiert werden. Um es besser zu organisieren, natürlich.

Schlau auch, weil so auch keiner hinter dem anderen zurückstehen will, kommt dadurch sicherlich auch mehr zusammen. Ich vermisse dabei nur die Gespräche, das Zusammenkommen, die Familie. Aus meiner Sicht wird das für ein wenig Bequemlichkeit dem Konsumaltar geopfert. Bei so etwas würde ich niemals mitmachen, ein Geschenk ist nur dann ein Geschenk, wenn es etwas bedeutet. Ich als der schenkende möchte mir Gedanken machen, was dem Anderen Freude bereitet.
Heute macht man lieber öffentliche Wunschlisten bei Amazon, nur um ja nichts falsches geschenkt zu bekommen.
Da fehlt mir die Freude, die Überraschung, die leuchtenden Augen der Beschenkten, wenn sie auspacken und die Freude, weil man wirklich und ehrlich an sie gedacht hat. Wie kann man sich denn freuen, wenn man Life beobachten kann, welches Produkt der Liste gekauft wurde und wie lange die Post noch braucht, bis es bei mir ankommt?
Das kleine nackte Bübchen da in der Krippe damals hat auch nicht gewusst, was die 3 Weisen ihm schenken werden – ja, noch nicht einmal, das es diese 3 überhaupt gibt.

Ich werde niemals anders schenken, als so – es mag Ausnahmen geben, aber etwas was nur ich mir überlegt habe, soll immer dabei sein – oder eben nichts.
Da sind so viele, die ich gerne beschenken würde. Aber, wie man weiß, hasse ich einkaufen. Ich könnte online einiges bestellen, gerade jetzt locken noch die vom schwarzen Freitag übriggebliebenen Waren mit Kampfpreisen, da ist sicher die eine oder andere Gelegenheit dabei.
Ich könnte es sogar direkt an die Leute versenden, wie es so viele tun – manchmal ist das eine gute Möglichkeit, manchmal – wenn man seine geliebten an Weihnachten nicht sehen kann, aus welchem Grund auch immer.

Ich besinne mich, und zwinge meine Gedanken zurück zu einem ruhigen Moment, bevor sich der Konsumwahn hier zu tief in diesen Text bohrt.

Ich habe mich entschieden.
Ich habe mich entschieden nichts zu schenken, keine Konsumgüter, kein Lego, kein Handy oder sonstigen Chinaschrott, der ein paar Tage ungewürdigt benutzt wird und dann ungenutzt in einer Ecke verstaubt.
Ich habe genug Zeiten erlebt, wo es mir nicht einmal möglich war etwas zu schenken, einfach weil das Geld hinten und vorne nicht reichte. Und an diesen Zeiten habe ich etwas gelernt.
Es kommt nicht darauf an, was die Welt tut, ob sie in unwürdiger Raserei den Ansprüchen des heiligen Konsums huldigen oder nicht, ob sie für etwas sind oder dagegen, was die Gesellschaft will – oder nicht.
Es kommt einzig und alleine drauf an, was ich tue und wie ich es tue. Was zählt ist meine Intention, mein Wunsch, der hinter dem steht. Denn das wertvollste und wichtigste, das uns Menschen gegeben ist und dessen wir uns als einzige Spezies unseres Planeten auch bewusst sind, kann nur ich einem Anderen schenken.

Meine Zeit.

Die Zeit, die ich mit Dir verbringe, die ich bereit bin, Dir uneingeschränkt zu geben. Zeit macht sogar möglich, das Kinder aus ärmsten Länder glücklich lachen können.
Es ist die Zeit, die die laute, hektische Welt zu Weihnachten vergisst.
Erst Zeit macht es mir möglich zu Dir zu sagen: Ich sehe Dich.
Ich wünsche euch besinnliche, frohe und gesunde Weihnachten. Möget ihr alle viel Zeit unter den Bäumen liegen haben, noch viele Jahre, um sie mit euren Lieben zu teilen und Frieden zu machen.

Ich Danke euch für ein hervorragendes Jahr!
Frohe Weihnachten, Euer Thomas

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2 Comments

  1. Felix Brandt 30. Dezember 2024 at 16:11 - Reply

    Lieber Thomas,

    wie sehr habe ich es vermisst, dir ein paar Zeilen zu deinen großartigen Folgen zu schreiben! Krankheitsbedingt war ich eine Weile aus dem Verkehr gezogen, aber deine Texte haben mich treu begleitet – wie alte Freunde, die in den schweren Momenten nicht von der Seite weichen. Diese Folge hier, Thomas, war ein ganz besonderes Geschenk.

    Du schreibst über Zeit, über Besinnung und über das, was wirklich zählt – und damit triffst du den Nerv dessen, was mir in letzter Zeit immer wieder durch den Kopf geht. Ab einem gewissen Alter, das wirst du sicher verstehen, beginnt man, diese Zeit nicht mehr als selbstverständlich zu sehen. Man wird nachdenklicher, vielleicht auch ein wenig weicher, weil man begreift, wie flüchtig alles ist, was man hat.

    Deine Worte über das Schenken, darüber, wie der Konsum die Essenz von Weihnachten unter all dem Glanz und Plastik erstickt, haben mich zum Nicken gebracht. Aber was mich wirklich bewegt hat, war deine Entscheidung, das Wertvollste zu schenken, das wir überhaupt geben können: unsere Zeit. Zeit, um zuzuhören. Zeit, um zu sehen. Zeit, um einfach da zu sein. Es ist so simpel und doch so mächtig.

    Diese Folge hat mich abgeholt, Thomas – wirklich. Denn was sind wir am Ende, wenn nicht die Summe unserer Momente? Und was kann es Schöneres geben, als diese Momente bewusst zu teilen?

    Ich danke dir von Herzen für diese nachdenklichen Worte und wünsche dir, dass auch du viele dieser wertvollen Augenblicke mit deinen Lieben erleben darfst.

    Frohe Weihnachten und auf ein neues Jahr voller Schalltrichter,
    dein Felix Brandt

    • Thomas Speck 30. Dezember 2024 at 16:13 - Reply

      Lieber Felix,

      deine Worte bedeuten mir mehr, als ich in einem kurzen Text ausdrücken könnte. Zu wissen, dass meine Folgen dich begleitet haben, gerade in einer Zeit, die sicher nicht leicht war, macht mich unglaublich dankbar. Es ist ein Geschenk, jemanden wie dich unter meinen Hörern zu haben – jemand, der nicht nur zuhört, sondern auch so reflektiert und tiefgehend antwortet.

      Es freut mich sehr, dass diese Folge dich so berührt hat. Deine Gedanken über die Zeit, über ihre Kostbarkeit und darüber, wie wir sie teilen, haben mir selbst nochmal vor Augen geführt, wie wertvoll solche Verbindungen sind. Du hast recht: Am Ende des Tages sind es diese gemeinsamen Momente, die uns ausmachen – und es ist schön zu wissen, dass meine Worte Teil davon sein dürfen.

      Ich hoffe, dass auch du diese Weihnachten ganz viel Zeit geschenkt bekommst, mit Menschen, die dich ebenso schätzen wie ich. Danke, dass du dir immer die Zeit nimmst, so wunderbare Kommentare zu hinterlassen – sie bereichern meine Arbeit mehr, als ich je ausdrücken könnte.

      Frohe Weihnachten und auf viele weitere gemeinsame Gedankenreisen im kommenden Jahr,
      dein Thomas

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