In dieser ersten Episode des neu gestarteten Podcasts „Der Schalltrichter“ stellt sich Thomas Speck, der Gründer und Moderator, vor. Ursprünglich im Frühling 2021 gestartet, diente der Podcast als sein erster Gehversuch und Experimentierfeld. Nach einer Pause kehrt Thomas nun zu seinem Herzensprojekt zurück.

Das hier heißt Der Schalltrichter aus 2 Gründen:

Einmal, weil ich ein großer Verehrer von Axel Corti bin.
Und den werden die meisten von euch gar nicht kennen.
Ich halte Herrn Corti für den besten Sprecher und Publizisten, der vom Österreichischen Rundfunk je hervorgebracht wurde. Und da so etwas wie seine literarische Sendung heute keinen Platz mehr im Radio hat, wird es wohl auch nie einen besseren geben.

Ich liebe die Stimmen meiner Jugend – von Rudi Klausnitzer, Dieter Dorner, Brigitte Xander und natürlich die, dank der Österreichischen Bundesbahnen allgegenwärtige, digitale, Chris Lohner.
Da wir damals nur das Radio hatten, ist begreiflich, wie sehr uns diese Stimmen begleitet haben, denn sie waren es, die uns die neueste Musik näherbrachten, uns unterhielten – mit denen wir mitfiebern konnten.
Aber Axel Corti ist eben Axel Corti und seine Sendung Der Schalldämpfer vermisse ich. Ich mochte seinen Sarkasmus und seine Art, mit der er seine Texte vortrug, er sprach mir direkt ins Herz.
Der Name: Der Schalltrichter ist also eine Ehrung aus Dankbarkeit für wunderbare Radiomomente.

Und der Zweite Grund? Ich habe nicht vor, mich leise und depressiv auf ein ungewisses Altenteil zu begeben oder still in der Vergessenheit zu verschwinden.
Der Lautsprecher von Grammophonen und das Megaphon wurde früher auch Schalltrichter genannt und ist also ein Stimmverstärker und die erklärende Analogie hinter dem Namen meines Podcasts.
Wie wunderbar, das der Name so gut zu der Sendung Axel Cortis passt und zugleich aussagt, was ich eigentlich anstrebe: Ich bin hier, um meine Stimme zu verstärken, nicht sie Alterswegen zu dämpfen. Mit jeder Folge möchte ich euch unterhalten und einen Dialog führen.

Wer bin ich nun? Um das zu verstehen, muss man etwas zurückgehen. Heute bin ich ein alter Jutebeutel – sprichwörtlich ein Sack, der trotz Flecken und fadenscheinigen Stellen immer noch gut genug ist, um meine Erinnerungen zu lagern. Mein Name? Thomas Speck.
Ein Name, der sich anhört, als wäre er ein schlechter Scherz aus einem zu alten Kabarettprogramm – der hat definitiv nicht geholfen, romantische Erfolge zu erzielen.
Ich meine, mal ehrlich: Rebecca/Lisa/Susanne/Beate/wasweißich Speck – mir wurde schon mal gesagt: „Heiraten? Dich? – Sicher nicht, allein schon wegen wie das klingt, kann ich mich ja gleich Speckbrot taufen!“ nun, ich wurde schon mal subtiler zurückgewiesen.

Ich liebe guten Whiskey – alten, goldenen very superior old Pale.
Man könnte meinen, auch das wäre eine geeignete Analogie für mich, ist es auch – aber dazu später. Eigentlich bevorzuge ich Sack: das beschreibt mich besser, verberge ich doch so manche, lang gehütete Erfahrungskartoffel darin. Ein paar davon möchte ich jetzt hervorkramen.

Ich schreibe sehr gerne und im Grunde seit ich es gelernt habe.
Allerdings waren damals die Zeiten anders.
Wo man heute für alles einen Weiterbildungskurs vom Arbeitsmarkt Service bekommt – manche davon sind sogar richtig gut, vor allem auf dem Sektor der Bewerbungen, die kann so mancher jetzt rückwärts in Spiegelschrift und sogar in Tabellen! – aber damals? Fürs Geschichten schreiben gab es damals bestenfalls ein müdes Lächeln der Eltern.
So ein „geh lern doch was gscheits“- mäßiges mitfühlendes Lächeln – mit liebevollem Getätschel auf den Hinterkopf versteht sich.
Ich habs also auf den Misthaufen getragen und da unten in Hautzendorf in Österreich in frischen dampfenden Kuhmist liegen lassen, mein getätscheltbemitleidetes Talent.

Über meine, doch recht einsame vermobbt-verprügelte Schulzeit lege ich den dunklen Schleier des Schweigens.

Später – in meinen Zwanzigern, von Zweifel und Selbstmitleid geprägt, naja, da gab es, dort in Tirol, wohin ich mich aus meinem bisherigen Leben flüchtete, keine Misthaufen. Aber, ich habe einen Mülleimer entdeckt!
Hier drin sind dann buchstäblich auch mehrere 100 Seiten an Buchskripten, Gedichten und Kurzgeschichten gelandet. Und meine teure Adler Schreibmaschine gleich mit.
Ja! – ich hab einfach drauf geschissen.
Aufgegeben und als Kartoffel verstaut. Ab in den Jutebeutel. Und aus besagtem Mülleimer wurde mein ganz persönlicher Gral des Versagens.
Da ich natürlich auch weiß, welchen Weg Papier im Müll nimmt, nehme ich an, das mein Geschreibsel erfolgreich einigen Anwendern von Klopapier dienlich war.

Immerhin!

Zudem hatte ich beständig Liebeskummer – wegen Speck und so.
Meine Welt war damals sehr grau, manchmal Dunkelschwarz und das Schreiben sollte eigentlich ein Ventil dafür sein – jedoch hab ich eher versucht, mir damit das zu holen, was mir damals am meisten fehlte: Anerkennung.
Ich dachte mir, wenn ich mir schon niemanden finde, der mich lieben möchte, dann sollen mich die Leute wenigstens bewundern.
In Wahrheit? In Wahrheit wollte ich es den Menschen, die mich ablehnten, einfach nur heimzahlen, wenn ich mal berühmt bin.
Natürlich habe ich das nie erreicht, das sind ja auch die besten Voraussetzungen um zu Scheitern.
Das bin ich dann auch, wenigstens ein Mülleimer hatte seine Freude dabei.

Nach dem unrühmlichen Abgang meiner literarischen Ergüsse habe ich Zwei Jahrzehnte lang eher hoffnungslose Liebesbriefe geschrieben und Rechnungen ausgefüllt, als wirklich literarisch gearbeitet.
Einige Arbeitsabenteuer reihten sich aneinander, immer Begleitet von den Nachwehen jener dunklen Schulzeit. Der Begriff Mobbing formte mein Weltbild und manifestierte sich in unzähligen Beziehungen, Geschichten und Erfahrungen, die mein ganz spezieller Mistkübel fröhlich mampfend verschluckte.
In dieser Zeit erbarmte sich dann doch eine Dame ihren schönen Nachnamen mit dem Kulinarischen Fehlgriff meines Namens zu tauschen. Aber dies Erbarmen erstreckte sich nicht auf die Person Meinereins, so bin ich von ihr mittlerweile geschieden. Auch der Tod spielt eine große Rolle darin, vielleicht erzähle ich das einmal. An diesem Brocken hat sich, der, mittlerweile zur veritablen Kompostieranlage mutierte Mistkübel verschluckt. Der Mülltopf hustete, prustete und spuckte all das verstaute, verdorbene Zeug wieder aus.
Und da lag es nun vor mir. Mein persönlicher Scherbenhaufen, der sich mein Leben schimpfte.

Ein wichtiger Moment, denn es blieb mir nichts anderes mehr übrig. Ich begann also meine Scherben aufzulesen, zu betrachten und neu zu ordnen. Vieles davon zerfiel mir in der Hand zu Staub, zu leisen Erinnerungen, als ob ich sie in meinem Eimer nur künstlich am Leben gehalten hätte.
Und so ist mir endlich klar geworden, was ich wirklich will.
Sagen wir, ich mochte wohl weniger, ähnlich meiner Schreibe damals, in den Müll. Nur um dann am Arsch der Gesellschaft zu kleben, wie das Klopapier damals.

Nein, keineswegs möchte ich mich hier im Selbstmitleid suhlen oder um Anteilnahme betteln. Gerade durch meine Ironie in meinem Geschriebe hier will ich zeigen, das mich all das nur geformt hat.
Es hat viele wunderbare Momente gegeben in meinem Leben. Auch die haben mich geformt.
Aber letztlich ist mein Leben über lange Strecken von Depressionen und Mangel geprägt worden.
Der Moment, wo ich meine Scherben aufzulesen begann, war auch der Moment, wo ich mich tatsächlich gefunden, oder besser: zu MIR gefunden habe.
Alles, ob positiv oder negativ hat zu diesem einem Moment geführt, der sich im Rückblick noch immer wie eine Neugeburt anfühlt und das ist mir helle Freude. Aber es wäre falsch, das Dunkle zu ignorieren, will ich erklären, wie ich zu meinem Sarkasmus kam, dem ich im Schalltrichter Raum geben werde.

Also, ich schreibe wieder und bediene mich dabei der modernen Medien.
Es ist schön, das meine Texte in Form eines Podcasts in die Welt hinausgehen.
Ich kann witzig, auch Satire liegt mir ein wenig, mags meistens ironisch und oft auch provokant. Dabei steht nicht Bosheit im Fokus – ich will vielmehr aufzeigen und ironisch darlegen, was mir an Gesellschaftlichem Wildwuchs so unter der Nase reibt.

Ich möchte nicht die Welt verbessern, obwohl sie das dringend nötig hätte, und es liegt mir nicht, stets in hübsche Worten verpackt, zu erzählen, wie schön das leben doch ist – davon gibt es da draußen hunderte Podcasts. Manche davon sind wunderbare Inspirationsquellen, die ich selbst gerne höre.
Ich habe gelernt: Das Schöne muss jeder für sich selbst entdecken und das es meist sehr einschneidende Erlebnisse braucht, um diesen Weg auch gehen zu wollen.
Es muss also nicht noch einen Selbstfindungspodcast geben.

Ich glaube, dass man manchmal aufhören soll nur das Gute im Menschen zu sehen und stattdessen auf das schauen sollte, was sie einem tatsächlich zeigen.
Das bedeutet nicht, das ich nicht daran glaube, das in jedem Menschen etwas Gutes steckt, im Gegenteil.
Es bedeutet nur, das man das sehr oft hinter all den Maskeraden und Mauern nicht sehen kann.
Ich mag hinter diese Fassaden schauen und das geht aus meiner Sicht sehr oft nur, wenn man die Masken vorher aufdeckt. Und dazu bediene ich mich des Sarkasmus, der Satire, der Ironie und manchmal dem zynischen.

Ich bin trotz meiner schiefen Schreibweise meistens nur ein lieber, alter, etwas kratziger Jutebeutel.
Und jetzt fragst du sicher: was hat das alles mit dem Whiskey zu tun?
Alles meine Lieben, Alles!
Whiskey wird auch mit dem Alter immer besser und das Goldene entsteht erst durch die lange Lagerung. Darin steckt geschmackvolles Hochprozentiges. Genuss. Zeit und Ruhe.
Also doch eine perfekte Analogie für mich!

Nur Schade, das man Whiskey nicht, in einen Jutebeutel geschüttet, lagern kann, es sei denn man lässt ihn in der Flasche.
Aber das wäre ja kontraproduktiv – auf jeden Fall ist das eine ganz andere Geschichte.