Autor:
Thomas Speck
Veröffentlicht am:
15. März 2025

kurz gesagt! Für das „Normale“ – Niederösterreichs Kampf gegen die „Anderen“

Eine dramatische, satirische politische Illustration zeigt zwei gegensätzliche Figuren: Auf der linken Seite steht eine steife, in Blau-Gelb gehaltene, traditionell wirkende Gestalt mit verschränkten Armen – unbeweglich, abweisend, starr in ihrer Haltung. Auf der rechten Seite bewegt sich eine lebendige, regenbogenfarbene Figur selbstbewusst nach vorne, dynamisch und voller Energie. Der Hintergrund ist gespalten, ein sichtbarer Bruch trennt die beiden Lager und symbolisiert den ideologischen Konflikt. Die gesamte Szene ist kontrastreich inszeniert, mit starkem Licht- und Schattenspiel, um die Gegensätzlichkeit der beiden Seiten hervorzuheben.

In dieser Episode von Schalltrichter nehmen wir uns die politischen Nebelkerzen Niederösterreichs vor – und zerlegen sie mit chirurgischer Präzision. Im Mittelpunkt: Der blaue Landgraf, äh, Landbauer, der mit sprachlicher Akrobatik versucht, „das Normale vor das Abnormale“ zu stellen. Doch was bedeutet normal überhaupt?

Die österreichische Innenpolitik oder genauer – die NIEDERösterreichische – ist ein unerschöpflicher Quell an sprachlichen Spitzfindigkeiten und semantischen Verrenkungen, die selbst einen rhetorisch Geübten überfordern können.
Der blaue Landgraf … äh … Landbauer, der der eisernen Lady Mickl-Leitner als Steigbügelhalter dient, damit die ihre Macht noch einmal 4 Jahre ausdienen kann sagte:

„Wir stellen das Normale vor das Abnormale, wir setzen auf Blau-Gelb statt auf Regenbogen-Politik.“ Mit dem schwarz-blauen Arbeitsübereinkommen 2023 habe man den „Weg der Vernunft“ eingeschlagen: „Wir stellen in Niederösterreich gesellschaftspolitisches Gegengewicht zu einer schrillen, hochideologisierten Minderheit dar, die in anderen Ländern oftmals versucht, die Politik vor ihren Karren zu spannen“, meinte der Landeshauptfrau-Stellvertreter.

Nun, wollen wir uns diesen dümmlichen Bullshit einmal genauer anschauen?

„Wir stellen das Normale vor das Abnormale“
Ein Satz, der sich anhört, als hätte ihn ein philosophisch interessierter Kettenhund im ersten Semester Ontologie gedrechselt. Was ist denn bitte „normal“? Und wer entscheidet das? Die Geschichte lehrt uns: Immer dann, wenn jemand anfängt, eine starre Definition von „Normalität“ in den Raum zu werfen, sollte man sich besser auf ein soziologisches Rodeo gefasst machen. Denn was gestern noch „normal“ war (Frauen ohne Wahlrecht, Rauchen im Flugzeug, Telefonzellen, gute Musik), ist heute längst schon in Vergessenheit geraten.

„Blau-Gelb statt Regenbogen-Politik“
Poetisch! Fast schon hymnisch. Man kann sich direkt vorstellen, wie sich zwei Farbpaletten in einem Duell gegenüberstehen: Links der heldenhafte, bodenständige Landesfarbenkrieger in Blau-Gelb, rechts der schillernde, ungestüme Regenbogenkämpfer, der anscheinend eine Bedrohung für … ja, für was eigentlich eine Bedrohung? Öffentliche Buntstifte? Den Verkauf von monochromen Fahnen? Die Farbindustrie?

Der implizite Subtext: „Regenbogen-Politik“ (also LGBTQ+-Rechte und Diversität) ist etwas, das es zu begrenzen gilt – zugunsten eines puristischen, nationalen Farbschemas.
Dass Farben auf einer Flagge kein politisches Konzept, sondern eine Metapher sind, scheint nebensächlich. Die Logik hier ist ungefähr so präzise wie ein Kuchenrezept, das nur „Mehl“ und „irgendwas anderes“ enthält.

„Der Weg der Vernunft“
Ach ja, der „Weg der Vernunft“ – eine klassische politische Selbstbeschreibung, die ungefähr so originell ist wie ein Politiker, der betont, er sei „für die Bürgerinnen und Bürger da“. Die zentrale Idee: Wer nicht auf dieser Spur fährt, muss also zwangsläufig unvernünftig sein. Ein alter rhetorischer Trick, bei dem der politische Gegner nicht inhaltlich widerlegt wird, sondern per semantischer Umwidmung ins Lager der Wirrköpfe geschoben wird.

„Schrille, hochideologisierte Minderheit“
Diese Formulierung verdient eine Ehrenmedaille in der Disziplin „Politische Euphemismen und Kampfbegriffe“!
Schrill: Weil Menschen, die für ihre Rechte kämpfen, immer „laut“ sind. Dass sie nur so laut sein müssen, weil sie sonst überhört werden, wird dabei elegant übersehen.
Hochideologisiert: Ein lustiges Wort, das suggeriert, es gebe eine entideologisierte, neutrale Politik – zufälligerweise genau die eigene.

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„Minderheit“: das ist der entscheidende Frame! Hier wird versucht, progressive Anliegen auf eine kleine, unbedeutende Randgruppe zu reduzieren, obwohl viele dieser Forderungen längst Mehrheitsfähig sind.

„Versucht, die Politik vor ihren Karren zu spannen“:
Als würde nicht jede Gruppe versuchen, ihre Interessen in der Politik zu vertreten. Aber natürlich, wenn es die „Anderen“ tun, ist es perfide Einflussnahme – wenn es die eigene Partei tut, ist es verantwortungsvolle Führung. Die Logik ist so elegant wie ein Elefant auf Rollschuhen.

Diese Aussage ist ein kleines Meisterwerk der politischen Sprachgymnastik. Ein Paradebeispiel dafür, wie man das eigene Lager als „normal“ und „vernünftig“ definiert und den Gegner als „laut“, „ideologisch“ und „minderheitlich“ abtut. Es ist die verbale Variante von „Wir sind das Volk, und ihr seid nur ein paar Außenseiter“.

Ob das in einer modernen, pluralistischen Demokratie ein tragfähiges Konzept ist? Nun ja – Geschichte und Realität haben schon viele solcher Blau-Gelb-gegen-Regenbogen-Narrative überlebt.
Und wenn wir eines aus der Vergangenheit gelernt haben, dann das: Jene, die laut verkünden, sie würden „das Normale vor das Abnormale stellen“, stehen irgendwann ziemlich irritiert vor der Erkenntnis, dass sich die Definition von „normal“ in einem demokratischen System eben nicht per Dekret festlegen lässt.

Aber genau das ist das eigentliche Problem, nicht wahr?
Es geht nicht darum, dass die Welt sich verändert.
Es geht darum, dass ihr nicht versteht, was da passiert.
Und weil das weh tut, bleibt nur eine Lösung: zerstören, was man nicht begreift.
Verbieten, was Angst macht.
Lächerlich machen, was zu klug erscheint.
Verdrängen, was das eigene Weltbild sprengt.

Ein alter Reflex. So alt, dass man ihn längst aus der Geschichte kennen könnte – wenn man sie denn gelesen hätte.
Aber blöd nur: Die Realität lässt sich nicht so einfach ausradieren.
Ihr könnt sie verteufeln, unterdrücken, bekämpfen – aber sie bleibt da. Hartnäckig wie ein Regenbogen nach einem Gewitter.

Und am Ende, wenn all die „Abnormen“ längst weitergezogen sind, all die „Schrillen“ längst neue Horizonte entdeckt haben, und all die „Minderheiten“ längst zu gesellschaftlichen Mehrheiten geworden sind …
Dann bleibt nur noch ihr zurück.
Mit leeren Händen.
Mit einer Welt, die sich längst weitergedreht hat – und euch, die stehen geblieben seid.
Ihr habt die Zukunft nicht verhindert.
Ihr habt nur eure eigene vergeudet.

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