“Der Schalltrichter” von Thomas Speck nimmt diesmal die Welt des Massentourismus unter die Lupe. Mit gewohnt sarkastischem Humor und scharfem Blick beschreibt er das Phänomen der Touristen, die im Urlaub eine erstaunliche Metamorphose durchlaufen.

Der Tourist, jenes merkwürdige Geschöpf, das in der Taxonomie der Menschheit einen ganz eigenen Zweig zu bilden scheint, offenbart sich uns als eine Kreuzung aus Homo sapiens und einem seltsam gedankenlosen Wanderer, der, sobald das Wort “Urlaub” in sein Bewusstsein sickert, eine erstaunliche Metamorphose durchläuft. Wie ein Schmetterling, der sich aus seinem Kokon schält, nur um festzustellen, dass er seine Flügel und seinen Verstand zuhause vergessen hat.

Ein Schalter im Kopf des Touristen, von Technikern und Philosophen gleichermaßen unentdeckt, wird umgelegt, und plötzlich schrumpft das komplexe menschliche Denken zu einem Bündel primitiver Triebe und Bedürfnisse zusammen. Das Gehirn, normalerweise ein Meisterwerk der Evolution, wird im Urlaub in seinen kognitiven Funktionen auf das Nötigste zu reduziert: Essen, vögeln und, ach ja, Selfies schießen. Diese seltsame Degradation ist umso bemerkenswerter, als sie freiwillig erfolgt. Wer braucht schon kritisches Denken oder soziale Sensibilität, wenn das Buffet all-inclusive ist und der nächste Strand nur einen Flip-Flop-gedämpften Spaziergang entfernt liegt?

Die Meisterschaft, mit der Touristen ihre Fähigkeit zum komplexen Denken ablegen, könnte fast bewundernswert sein, wären die Konsequenzen nicht so beklagenswert. Ein Blick auf die verirrten Seelen, die sich weit in der Ferne von ihren häuslichen Umgebungen befinden, offenbart ein Schauspiel, das zugleich faszinierend und abschreckend ist. Wie die deutschen Urlauber, die sich in den verschneiten Alpen bewegen, mit einer Grazie, die man eher einem betrunkenen Elefanten im sprichwörtlichen Porzellanladen zuschreiben würde, beweisen sie, dass das Konzept des “Fremden im fremden Land” eine tiefere Bedeutung hat, als man annehmen könnte.

Das bizarre Phänomen des Urlaubsmodus, in dem alle höheren Funktionen auf Eis gelegt werden, während die basalen Instinkte florieren, spottet jeder Beschreibung. Der Alkoholkonsum, dieser treue Begleiter des Touristen, dient als das Schmiermittel, das diese Regression ins Prähistorische erst ermöglicht.

Die Behauptung, dass Touristen zeitweise zu den Primaten zählen, ist eine Beleidigung für jeden selbstrespektierenden Nasenaffen. Kein Orang Utan würde sich freiwillig solch einer Degradierung seiner Intelligenz und seines Ansehens aussetzen. Doch der Homo touristicus tut genau das – und das mit einer Hingabe, die an schieren Masochismus grenzt.

In meiner Zeit als Knecht des Tourismus in den Tiroler Alpen, wo ich als Kellner und Barkeeper diente, wurde mir die ganze Palette menschlicher Farben offenbart – und nein, ich spreche nicht von Hauttönen. Oder doch, nämlich vom UV-Lampenbraun der Marke Ibiza bis zum Büroarbeiter-Weiß der Sonnenlichtscheuen spannte sich der Bogen der touristischen Menschlichkeit. Aber gemeint ist die Coleur der Charaktere, jede einzigartig in seiner Art. Sie bildeten eine Palette, die reicher und verwirrender war als jeder Wandfarben Muster-Fächer.

Die Charaktervielfalt der Urlauber zu erforschen, ist wie eine Expedition in eine unbekannte Welt, in der der gesunde Menschenverstand oft das erste Opfer ist. Also lasst uns tiefer in dieses kuriose Ökosystem eintauchen und seine Bewohner genauer unter die Lupe nehmen, in der Hoffnung, dass wir vielleicht ein wenig Weisheit aus ihren Irrungen und Wirrungen gewinnen können – oder zumindest ein gutes Lachen daraus ziehen.

So beginnen wir also mit einer Beschreibung des gemeinen Piefke, ohne uns dem niederen Antrieb zu verschreiben, lediglich zu spotten. Nein, wir sind hier, um zu analysieren, zu sezieren und letztlich zu verstehen – oder zumindest, um zu versuchen, das unergründliche Verhalten dieses sehr speziellen Homo touristicus germanius in seiner natürlichen Umgebung zu entschlüsseln.